USA: Depotspritze zur HIV-Prophylaxe PrEP zugelassen

Nahaufnahme Spritze
© DAH / Renata Chueire

Das lang wirkende Medikament Apretude zur HIV-Prä-Expositions-Prophylaxe wird zweimonatlich mit Injektionen ins Gesäß verabreicht.

Die US-Arzneimittelbehörde FDA hat das Präparat Apretude für Jugendliche und Erwachsene über 35 Kilo Körpergewicht zur HIV-Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP) zugelassen. Damit steht für die PrEP erstmals ein lang wirkendes Medikament zur Verfügung.

Die Einreichung von Zulassungsanträgen bei weiteren Aufsichtsbehörden (zum Beispiel der Europäischen Medikamenten-Agentur EMA) ist laut Pressemitteilung des Herstellers eingeleitet.

Zur HIV-Behandlung ist die Cabotegravir-Depotspritze unter dem Handelsnamen Vocabria seit Dezember 2020 in Europa zugelassen (in Verbindung mit Rilpivirin-Spritzen, Handelsname Rekambys).

Anwendungsform von Apretude

Apretude mit dem Wirkstoff Cabotegravir (INN) wird im Zweimonats-Rhythmus als Spritze in den Gesäßmuskel verabreicht.

Die bisher zugelassenen PrEP-Medikamente dagegen – Kombinationen aus den HIV-Wirkstoffen Tenofovirdisoproxil (TDF) oder Tenofoviralafenamid (TAF) und Emtricitabin (FTC) – werden einmal täglich als Tablette eingenommen, entweder anlassbezogen oder über einen längeren Zeitraum.

Zu Beginn einer Apretude-PrEP sind zunächst zwei Injektionen im Abstand von einem Monat notwendig, danach muss das Präparat lediglich alle zwei Monate gespritzt werden. Die Patient*innen können die PrEP entweder direkt mit Apretude beginnen oder vier Wochen lang Cabotegravir oral einnehmen, um zu testen, wie gut sie das Medikament vertragen.

Zu den Nebenwirkungen, die laut FDA-Pressemitteilung häufiger als bei der bisherigen Tabletten-PrEP auftraten, gehören Reaktionen an der Einstichstelle, Kopfschmerzen, Fieber, Müdigkeit, Rückenschmerzen, Muskelschmerzen und Ausschlag.

Besonderes Potenzial der Apretude-PrEP für Frauen in Afrika

Besonderes Potenzial hat die Apretude-PrEP für viele Frauen in Afrika. Die bisher in afrikanischen Ländern durchgeführten PrEP-Studien zeigten nämlich bei Frauen gemischte oder sogar enttäuschende Ergebnisse, was auch mit biologischen Faktoren zusammenhängt: Weil sich die Wirkstoffe der bisherigen PrEP-Medikamente nicht so gut in der Vaginalschleimhaut anreichern und auch schneller wieder abgebaut werden, sollten Frauen besser keine Tabletteneinnahme auslassen, um nicht die Schutzfunktion zu verlieren; bei Männern kann auch mal eine Dosis entfallen, ohne dass der Schutz verlorengeht.

Hinzu kommt, dass das bisherige Medikament zur HIV-PrEP auch als HIV-Medikament bekannt ist, sodass PrEP-Userinnen Gefahr laufen, als HIV-positiv zu gelten und Diskriminierungen ausgesetzt zu sein. Aufgrund dieses sozialen Drucks wird oft versucht, die Tabletteneinnahme zu verbergen, was die Therapietreue erschwert.

Die Zwei-Monats-Spritze mit Cabotegravir verhindert HIV-Infektionen bei Frauen offenbar deutlich wirksamer als die täglich eingenommene PrEP mit Tenofovir und Emtricitabin.

„Die Apretude-PrEP könnte für Frauen in afrikanischen Ländern tatsächlich ein Game-Changer werden“, sagt DAH-Medizinreferent Armin Schafberger. Eine Spritze, die in einer Klinik oder Praxis gegeben werde, ändere die Situation, zumal in vielen afrikanischen Ländern auch die Schwangerschaftsverhütung bereits mit Depotspritzen vorgenommen werde. Diese Frauen könnten sich dann mit einer weiteren Injektion zugleich gegen eine HIV-Infektion schützen.

Die Apretude-PrEP hat auch Nachteile

Die bisherige PrEP in Tablettenform wird für jeweils drei Monate verschrieben – für die Apretude-PrEP dagegen muss man nach der Einleitungsphase alle zwei Monate in die Praxis.

Anders als bei der bisherigen PrEP mit den Wirkstoffen Tenofovir und Emtricitabin kann die PrEP mit Cabotegravir-Depotspritzen außerdem nicht kurzfristig beendet werden. Der Grund: Der Wirkstoff bleibt nach Beendigung der Spritzenvergabe noch bis zu einem Jahr im Blut nachweisbar.

Kommt es dann zu einer HIV-Infektion, reicht die geringe Dosis nicht aus, um das Virus zu unterdrücken, sodass sich leicht Mutanten durchsetzen – eine ideale Situation also für die Bildung von Resistenzen und eine denkbar schlechte für eine spätere Behandlung der HIV-Infektion.

Um dies zu vermeiden, sollte nach der Beendigung der Cabotegravir-PrEP möglicherweise ein Jahr lang eine orale PrEP mit Tenofovir und Emtricitabin genommen werden, um sich vor einer HIV-Infektion möglichst sicher zu schützen.

Eine PrEP mit Cabotegravir sollte also gut überlegt und für mehrere Jahre angedacht sein.

(ascho/hs)